FAN-CLUB-DWK - joachim masannek im gespräch
Die wilden Kerle

 

ANZEIGE

SPIEGEL ONLINE: Herr Masannek, "Die wilden Kerle" sind längst zum multimedialen Ereignis geworden. Ihre Bücher erscheinen in Millionenauflage, die ersten drei Kinofilme sahen mehr als viereinhalb Millionen Menschen. Das sind nie da gewesene Zahlen für eine deutsche Produktion, die sich ausschließlich an Kinder richtet. Auch Fanartikel von Computerspielen bis Bettwäsche boomen. Sind Sie vom Erfolg überrollt worden?

 

Regisseur und Autor Masannek: "Ich bin mir meiner Verantwortung bewusst"
Großbildansicht
BUENA VISTA

Regisseur und Autor Masannek: "Ich bin mir meiner Verantwortung bewusst"

Masannek: Ja. Und ich kann Ihnen nicht sagen, wie ich damit umgehe. Es ging alles so fürchterlich schnell. Die letzten fünf, sechs Jahre habe ich nur gearbeitet, in der Zeit sind 14 Bücher und vier Filme entstanden. Der Druck war allerdings groß, denn ich wollte mich nicht wiederholen. Es war immer ein Kampf gegen Zeit und die Möglichkeiten, die ich zur Verfügung hatte. Ich habe jedes Mal die Angst gehabt, nicht noch besser werden zu können. Gleichzeitig bin ich mir meiner Verantwortung bewusst. Ich denke, ich erziehe gerade eine ganze Generation von Kindern. Ich habe mich deswegen auch bewusst gegen eine Industrialisierung der Marke entschieden.

 

SPIEGEL ONLINE: Was genau meinen Sie damit?

Masannek: Weil das dann nicht mehr ich selbst bin. Der Verlag wollte schon längst Ghostwriter einstellen, weil ich nicht mehr dazu gekommen bin, ein neues Buch zu schreiben. Dagegen habe ich mich allerdings gewehrt, weil am Anfang die echten wilden Kerle standen. Die Leser und Zuschauer glauben an einen großen Echtheitsgrad. Ich will sie nicht betrügen. Und weil ich selbst den Anspruch entwickelt habe, mich auf Augenhöhe mit den Kindern zu bewegen, für die ich das alles mache.

SPIEGEL ONLINE: Eine ganze Generation Kinder hängt an Ihren Lippen, nimmt Ihre Charaktere zum Vorbild. Wie gehen Sie mit dieser Verantwortung um?

Masannek: Ich versuche, mir und den Kindern gegenüber ehrlich zu bleiben. Die Kinder identifizieren sich ja extrem mit dem, was ich schreibe. Die glauben ja, dass das alles echt ist, was sie da lesen. Mit dieser ungeheuren Verantwortung umzugehen musste ich auch erst lernen, und ob ich das gut oder schlecht mache, sehe ich zuallererst bei meinen beiden Söhnen Leon und Marlon. Aber Verantwortung ist ja auch was Tolles, für das ich dankbar sein muss. Weil man daran auch wächst.

SPIEGEL ONLINE: Werden Sie von den Geistern, die Sie selbst gerufen haben, also noch nicht heimgesucht?

Masannek: Nein, den Druck mache ich mir ja selbst. Ich möchte echt bleiben und nach wie vor versuchen, besser zu werden. Wenn aber der vierte Kinofilm nicht so erfolgreich wird wie die anderen, wird es auch keinen fünften Teil mehr geben. Dabei sind wir viel, viel billiger als alle anderen Kinderfilmproduktionen. Der dritte Kinofilm hatte Produktionskosten von 3,8 Millionen Euro und hatte mehr Zuschauer als "Hui Buh" mit Bully Herbig, der zwölf Millionen Euro teuer war. "Die wilden Kerle" spielen ihr Geld immer schon im Kino ein. Fernsehverkäufe, DVDs, Merchandising und Auslandslizenzen sind bisher jedes Mal Topping gewesen. Mit den Filmen wird richtig Geld verdient.

SPIEGEL ONLINE: Wie weit wird sich diese Erfolgsschraube noch drehen lassen?

 

JOACHIM MASANNEK

18 Bücher und vier Filme in fünf Jahren: Mit "Die wilden Kerle", einer Abenteuer- Saga über kickende Kids, hat Joachim Masannek, 46, nicht nur das Fußballverständnis bei Jungen und Mädchen im Teenager- Alter revolutioniert, sondern auch eine der größten Erfolgsgeschichten im Bereich Jugend- Entertainment geschrieben. Als Regie- Neuling inszenierte Masannek auch die Kino- Reihe, deren vierter in der vergangenen Woche mit sagenhaften 650.000 Besuchern startete.
Masannek: Irgendwann ist jede Erfolgsgeschichte mal zu Ende. Aber das hat man mir schon nach dem ersten Film prophezeit. "Da hast du Glück gehabt, mach bloß keinen Zweiten", hat man mir damals gesagt. Was ich schön finde an den wilden Kerlen, ist aber genau dieses weitermachen. Normalerweise werden Kinder fallengelassen, wenn sie in die Pubertät kommen. Für Kinder ist Kindheit ein Handicap, und das ist einer der Gründe für den Erfolg der "Wilden Kerle". Kinder wollen keine Kinder sein, Kinder wollen erwachsen sein. Die einzigen, die Kindheit romantisieren, sind die Erwachsenen. Kinder wollen groß werden. Da haben wir unsere Chance, Tabus zu brechen, weil wir eben zeigen, wie Kinder in die Pubertät kommen und älter werden. Die Idee weiterzumachen, kam übrigens hauptsächlich von den Kindern. Die haben einen vierten Teil verlangt, und die wollen wahrscheinlich auch noch die "Wilde Hochzeit" und das "Wilde Altersheim" sehen.

 

SPIEGEL ONLINE: Wollen Sie das auch?

Masannek: Warum nicht? Ich bin sehr stolz auf diese Filme und habe als Autor und Regisseur mittlerweile alle Freiheiten, das ist Luxus. Auch wenn manche das nicht glauben: Ich mache das nicht aus Eitelkeit oder Größenwahn, sondern einfach, weil es mir Spaß macht, mit dieser Truppe zu arbeiten und sie wachsen zu sehen. Ich würde das gerne wiederholen.

SPIEGEL ONLINE: Ihre Söhne Leon und Marlon sind nicht nur Namensgeber der beiden Hauptfiguren, sie spielen auch in den Filmen mit. Dürfen sie die Bücher vor der Veröffentlichung lesen?

Masannek: Ja. Als ich ihnen den zweiten Band vorgelesen habe, haben sie irgendwann nicht mehr zugehört. Was sie da hörten, hat sie nicht interessiert. Also habe ich das ganze Buch weggeschmissen und noch mal von vorn angefangen. Das war hart.

SPIEGEL ONLINE: Und wie ist es beim Drehen?

Masannek: Ich schreibe zwar das Drehbuch, aber fast jede Szene wird am Drehort noch Mal verändert. Weil es viele Sachen gibt, die sie nicht cool finden oder nicht machen wollen. Jungs in dem Alter wollen immer cool sein, ganz anders als Mädchen.

SPIEGEL ONLINE: Träumen Sie manchmal schlecht von den "Wilden Kerlen"?

 

VIDEOS ZUM FILM

Video abspielen...Großen Videoplayer öffnen...(Flash Player 8 erforderlich)
 
Foto: Buena Vista

Joachim Masannek über richtig coole Motorräder, riesige Fußballplätze und Liebesgeschichten
Masannek: Nein, aber es ist ein permanenter Druck da, der mich manchmal schlecht schlafen lässt. Mal kommt der Verlag an, der mir mitteilt, dass die Buchhändler sauer sind und mich für einen arroganten Filmregisseur halten, der es nicht mehr nötig hat, Bücher zu schreiben. Dann kommen die Vertreter, die sagen, ich müsste einen neuen Band schreiben, weil die Verkaufszahlen der Bücher stagnieren. Dann wird mir empfohlen, dringend eine Lesereise zu machen. Dazu die Produktionszeiten der Filme, das alles ist wirklich Stress. Aber ich will nicht meckern, denn die "Kerle" sind für mich wie ein Sechser im Lotto gewesen und haben es mir ermöglicht, ein kleines finanzielles Polster anzulegen. Ich muss keine Angst haben, im Discount-Altersheim zu landen. Es macht alles Spaß, auch wenn das Merchandising langsam anfängt, mir Sorgen zu bereiten, und viele Leute ganz viel Geld damit verdienen.

 

SPIEGEL ONLINE: Das Geld verdienen ja nicht zuletzt Sie selbst.

Masannek: Das meiste Geld verdiene ich durch meine Bücher. Aber das Merchandising wird zunehmend industrialisiert. In einem der Fanbücher habe ich geschrieben, dass man nichts kaufen, sondern alles selbst machen soll. Das tut sicher einigen Leuten weh, aber ich kann da nicht anders, dafür habe ich einen zu anarchistischen Charakter. Es gibt viele gute Produkte, die Spaß machen. Aber es gibt auch ganz viel billiges Zeug. Manchmal kommen auch Sachen an, die ich überhaupt nicht verstehe: Polohemden zum Beispiel waren für mich am Anfang ein Problem, weil ich aus einer Zeit stamme, als die nur von Poppern getragen wurden. Aber die Kinder, nicht zuletzt meine Söhne, haben sich darum gerissen. Das musste ich auch erst lernen.

SPIEGEL ONLINE: Wird es einen fünften Kinofilm geben?

Masannek: Das werden wir sehen. Ich hoffe und wünsche es mir. In der Realisierung hängt dieses Mal allerdings mehr als zuvor viel von den Schauspielern ab. Die stehen ja auch in der Schule zunehmend in der Pflicht und können nicht mehr so leicht die Dreharbeiten und die damit verbundenen Fehlzeiten auf sich nehmen. Wenn einer oder mehrere der Kinder jetzt nicht mehr mitspielen kann, wird's vielleicht keinen neuen Teil mehr geben.

Das Interview führte Stéfan Picker-Dressel

 
Heute waren schon: 11356 Besucher (30005 Hits) hier!
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden